Geschichte

Die Dombauhütte ist direkte Nachfahrin einer mittelalterlichen Hütte, die bereits 1248 dem ersten Kölner Dombaumeister Gerhard zur Seite stand.

Erste Bauzeit

1248‒1520

Als Rainald von Dassel 1164 die Gebeine der Biblischen Magier nach Köln übertragen ließ, wurde der Kölner Dom zu einem der bedeutendsten Pilgerorte der Christenheit. Da diese als erste christliche Könige verehrt wurden, war ihre Verehrungsstätte gerade auch für das Deutsche Königtum von zentraler Bedeutung. Zu dieser Zeit stand noch der alte, karolingische Vorgängerbau der heutigen Kathedrale, der sog. Alte Dom. Da die meisten Kirchen der großen Kölner Abteien und Stifte im Laufe des 12. und frühen 13. Jahrhunderts aufwändig umgebaut oder neu errichtet worden waren, dürfte der Alte Dom innerhalb der Kölner Kirchenfamilie altertümlich und vergleichsweise bescheiden gewirkt haben. Der Wunsch, der Mutterkirche des Erzbistums optisch wieder den ersten Platz unter den Kölner Kirchen zuzuweisen, dürfte den Entschluss zu einem Neubau der Kathedralkirche ebenso gefördert haben, wie die Notwendigkeit, der neuen Bedeutung als herausragender und königlicher Pilgerkirche gerecht zu werden.

Der Grundstein zur heutigen hochgotischen Kathedrale wurde 1248 gelegt.

Erster Dombaumeister war Gerhard. Ihm muss der grundlegende Plan für die hochgotische Kathedrale zugewiesen werden, der sich an der modernen französischen Kathedralarchitektur orientierte – so vor allem an der Kathedrale von Amiens und der Sainte-Chapelle in Paris. Unter dem ersten Dombaumeister dürfte das gesamte Untergeschoss des Domchores mit Chorumgang und Chorkapellen entstanden sein. Es war in der Mitte der 1260er Jahre vollendet. 1277 konnte die Sakristei, 1322 der gesamte Chor des Domes feierlich geweiht werden.

Nach der Chorweihe begann die Dombauhütte mit dem Bau des südlichen Quer- und Langhauses. Nachdem in der ersten Hälfte des 14. Jahrhundert die beiden südlichen Seitenschiffe des Langhauses bis auf Kapitellhöhe fertig gestellt waren, wurde ab der Mitte des 14. Jahrhunderts mit dem Bau des Südturmes angefangen. Dessen Fundamente waren gegen 1360 vollendet. 1370–1380 entstand das Petersportal, das einzige bereits im Mittelalter errichtete und mit Skulpturen geschmückte große Portal der Kathedrale. 1448 und 1449 wurden im Bereich der Dombaustelle die Pretiosa und die Speciosa, die beiden bis heute erhaltenen mittelalterlichen Großglocken gegossen und bald darauf im ersten Obergeschoss des Südturmes aufgehängt. Die Gußgrube der Glocken hat sich erhalten und ist in den Ausgrabungen unter dem Dom zu besichtigen. Nachdem der Südturm eine Höhe von 56 Metern erreicht hatte, wurden die Arbeiten dort eingestellt und die Dombauhütte begann mit dem Bau der nördlichen Seitenschiffe von Lang- und Querhaus.

© Hohe Domkirche Köln, DBH

Als man um 1520 die Bauarbeiten am Kölner Dom für mehr als 300 Jahre einstellte, war der Dom ein gewaltiger Bautorso. Lediglich der Chor war vollendet, die meisten Bereiche von Lang- und Querhaus bis auf Kapitellhöhe hochgezogen und durch provisorische, nach unten offene Dachstühle geschlossen. Die westliche und nördliche Mauer des Nordturmes war nur wenige Meter hoch ausgeführt. Der hölzerne Baukran auf dem unvollendeten, etwa 58 Meter hohen Südturm wurde schließlich das weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt und zugleich Mahnung, den Bau eines Tages doch noch zu Ende zu führen.

Da das alte Archiv der Dombauhütte 1794 von den französischen Revolutionstruppen nach Paris verbracht wurde und seither als verschollen gilt, beschränkt sich unser Wissen über die mittelalterliche Dombauhütte im Besonderen auf Ergebnisse der Bauforschung und Archäologie.

Nur wenige mittelalterliche Pläne tauchten im frühen 19. Jahrhundert wieder auf und geben ein eindrucksvolles Beispiel von den hohen technischen und künstlerischen Fähigkeiten der mittelalterlichen Baumeister – allen voran der sogenannte Riss F. Der über vier Meter hohe Plan ist um 1280 entstanden und zeigt die Westfassade des Domes, wie sie erst 600 Jahre später vollendet wurde.

Die Idee der Domvollendung

Die Domfabrik scheint auch nach 1520 noch bis in das späte 18. Jahrhundert fortbestanden und die Instandhaltungsarbeiten koordiniert zu haben. 1796 wurde der Dom geschlossen und diente in der Folgezeit als Futter- und Heumagazin, im Kriegswinter 1797/98 als Kriegsgefangenlager. 1801 wurde er zwar wieder einer kirchlichen Nutzung zugeführt, aber erst 1807 konnten zumindest die notwendigsten Instandhaltungsarbeiten an den Dächern des Domes durchgeführt werden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bot die Kathedrale einen verwahrlosten Anblick. Der Dachstuhl des Chores war durch eindringende Feuchtigkeit ruiniert, das Mauerwerk schwer geschädigt.

In diese Zeit fällt die Wiederentdeckung mittelalterlicher Kunst und Architektur. In Verbindung mit dem Dom sollte ein Name genannt werden: Sulpiz Boisserée (1783–1854), der alles dafür tat, für eine Vollendung des Domes zu werben. Unter anderem gelang es ihm den Kronprinzen und späteren König von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., Geistesgrößen wie Johann Wolfgang von Goethe, die Brüder Schlegel und Joseph Görres oder Architekten wie Georg Moller und Karl Friedrich Schinkel für die Idee zu begeistern. Zur Beförderung der Domvollendung gab er 1823 ein Mappenwerk mit großformatigen Kupferstichen heraus, die den bestehenden Bau in seiner Gänze und in einer Fülle von Details festhalten. Dem Werk sind mehrere Ansichten des Domes in seiner Vollendung beigelegt.

Restaurierung des Domchores und Vorbereitung der Domvollendung

Vor dem Hintergrund solcher Bestrebungen wurde ab 1824 unter Dombauconducteur Friedrich Adolf Ahlert (1823–1833) eine neue Dombauhütte in Köln aufgebaut, womit die zweite Geburtsstunde der Dombauhütte schlägt. Diese existiert bis zum heutigen Tag. Nach ihrer Wiederbegründung war die Bauhütte zunächst fast 20 Jahre lang mit der Instandsetzung des bestehenden Baues beschäftigt.

Zweite Bauzeit

1842‒1880

1842 legte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. den Grundstein zur Vollendung der Kathedrale. Da der König die Domvollendung nicht alleine finanzieren wollte, wurde im selben Jahr der Zentral-Dombau-Verein gegründet, ein bürgerlicher Förderverein für den Dombau, der insgesamt etwa 60 Prozent der Kosten für den Dombau aufbrachte, die in den Abrechnungen als „kirchliche Mittel“ firmierten. Dieser Verein trägt noch heute etwa 60 Prozent des jährlichen Etats der Kölner Dombauhütte.

Unter Leitung der Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner (1833–1861) und Richard Voigtel (1861–1902) gelang es der Dombauhütte in nur 38 Jahren den Kölner Dom zu vollenden.

Zu dieser Zeit arbeiteten teilweise mehr als 500 Handwerker gleichzeitig in der Kölner Dombauhütte, die in etlichen Hüttengebäuden ungefähr an der Stelle des heutigen Römisch-Germanischen Museums untergebracht war.

© Hohe Domkirche Köln, DBH

Auch wenn man bei der Vollendung darum bemüht war, den Bau möglichst getreu nach den mittelalterlichen Plänen zu vollenden, setzte man im 19. Jahrhundert modernste Bautechnik ein. Windenwägen, die auf Eisenbahnschienen über die Gerüste der Baustelle fuhren, ermöglichten es, die Werkstücke schnell an ihren jeweiligen Bestimmungsort zu setzen. Auch eine Dampfmaschine wurde für den Dombau eingesetzt. Noch heute gibt der gewaltige, 1860 errichtete Eisendachstuhl beredtes Zeugnis von den technischen Leistungen des Dombaues im 19. Jahrhundert.

Dritte Bauzeit

1880 ‒ heute

Als 1880 der Kölner Dom offiziell vollendet war, bedeutete dies keinesfalls das Ende aller Arbeiten. Nachbesserungen am Bau, der Abbau der Gerüste und vor allem die Vollendung der Ausstattung zogen sich noch gut 20 Jahre hin.

Kurz vor seinem Tod im Jahr 1902 erklärte Dombaumeister Richard Voigtel (1861–1902), dass der Dombau nun endgültig abgeschlossen sei.

Diese Erklärung erwies sich bereits vier Jahre später als Fehleinschätzung. Nach dem sonntäglichen Hochamt am 20. Mai 1906 stürzte der Flügel einer Engelfigur über dem Hauptportal ab. Nur einem Regenschirm, der den Sturz abbremste, war es zu verdanken, dass niemand verletzt wurde. Dombaumeister Bernhard Hertel (1903–1927) begann daraufhin mit den Restaurierungsarbeiten des Domes. Vor allem wurde unter seiner Leitung und unter seinem Nachfolger Hans Güldenpfennig (1928–1944) bis Ende der 1930er Jahre nahezu das gesamte Chorstrebewerk erneuert.

Auch wenn der Dom nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Ferne scheinbar unversehrt aus der Trümmerwüste ragte, zeigte sich bei näherer Betrachtung, dass er in Wirklichkeit durch die Bombardements schwere Schäden davongetragen hatte. Die Arbeiten der Dombauhütte unter Dombaumeister Willy Weyres (1944–1972) konzentrierten sich daher auf den Wiederaufbau. Bis zum Domjubiläum 1948 gelang es zumindest, den Domchor und das Querhaus der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen. Der Wiederaufbau des Langhauses konnte erst zum Katholikentag 1956 abgeschlossen werden.

Bis etwa 1980 wurde der Dom im Sinne einer schöpferischen Denkmalpflege wiederhergestellt. Das Ziel war es, das Erscheinungsbild des Domes zwar zu wahren, in den Details nahm man sich aber gewisse Freiheiten. So zierte man die Kapitelle, Kreuzblumen und Krabben, an denen zuvor Blattornamentik zu finden war, mit figürlichen Darstellungen. Anstelle der im 19. Jahrhundert verwendeten Sandsteine setzte man als Baumaterial auf besonders haltbare Lohndorfer Basaltlava. Diese hat jedoch im Unterschied zum Trachyt und den im 19. Jahrhundert verwendeten Sandsteinen eine mittelgraue Färbung, die entfernt an Beton erinnert.

Seit der Amtszeit von Dombaumeister Arnold Wolff (1972–1998) wird am Dom verstärkt nach Wegen gesucht, die originale Bausubstanz konservatorisch zu erhalten. Hierzu arbeitet die Dombauhütte immer wieder mit Universitäten und naturwissenschaftlichen Forschungsinstituten zusammen. Bei notwendigen Erneuerungen und der Rekonstruktion zerstörter Bereiche wird seither auf eine möglichst originalgetreue Wiederherstellung der Bauornamentik geachtet. Nachdem die Dombauhütte bereits unter Arnold Wolff im Turmbereich wieder Obernkirchener Sandstein eingesetzt hatte und Pliezhäuser Sandstein als Ersatzmaterial für den Schlaitdorfer Sandstein prospektiert hatte, ist sie unter Leitung von Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner (1998–2012) nahezu gänzlich von der Verwendung der Basaltlava abgekommen. Nur für Wasserspeier findet sie aus Gründen der Haltbarkeit noch Verwendung. Heutzutage ist man darum bemüht, den Dom mit Steinen zu ergänzen, die in Aussehen und Materialeigenschaften dem ursprünglichen Bestand möglichst nahekommen. War in den Jahrzehnten zuvor bereits regelmäßig mit externen Steinrestauratoren zusammengearbeitet worden, wurde 2013 eine eigene Steinrestaurierungswerkstatt an der Dombauhütte eingerichtet.

Seit Januar 2016 ist Dipl.-Ing. Peter Füssenich Dombaumeister von Köln. Bei ihm lag bereits seit Mai 2014 die kommissarische Leitung der Kölner Dombauhütte.

Am 16. März 2018 gab die Deutsche UNESCO-Kommission bekannt, dass das »Bauhüttenwesen« in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes Deutschlands aufgenommen wurde. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Anerkennung der europäischen Dom- und Münsterbauhütten als immateriellem Kulturerbe der Menschheit. Im März 2019 haben Deutschland, Frankreich, Österreich, die Schweiz und Norwegen das Bauhüttenwesen für das internationale UNESCO-Register Guter Praxis-Beispiele der Erhaltung Immateriellen Kulturerbes nominiert.

Bauphasen des Kölner Domes

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Film: Lengyel Toulouse Architekten, www.lengyeltoulouse.com

Weiterführende Literatur

Weitere Publikationen

Zum Mittelalter:

Ad Summum 1248. Der gotische Dom im Mittelalter, Ausstellungskatalog Köln, Köln 1998.

Arnold Wolff: Chronologie der ersten Bauzeit des Kölner Domes 1248–1277, in: Kölner Domblatt 28/29, 1968, S. 7–230.

Zum 19. Jahrhundert:

Thomas Schumacher: Großbaustelle Kölner Dom. Technik des 19. Jahrhunderts bei der Vollendung einer gotischen Kathedrale (Studien zum Kölner Dom 4), Köln 1993.

Arnold Wolff: Dombau in Köln. Photographen dokumentieren die Vollendung einer Kathedrale, Stuttgart 1980.