Aktuelle Arbeiten

An einer großen gotischen Kathedrale gibt es immer viel zu tun. Neben alltäglichen Reinigungs- und Wartungsarbeiten sowie zahlreichen kleineren Restaurierungs- und Baumaßnahmen haben die größeren Baustellen am Dom oft sehr lange Laufzeiten. Sie bestimmen bereits seit vielen Jahren die Arbeiten der Dombauhütte und werden sie auch in kommenden Jahren – teilweise auch in den kommenden Jahrzehnten – prägen.

Zu nennen sind in diesem Zusammenhang vor allem die Restaurierung der Türme und des Strebewerkes sowie der Einbau einer Außenschutzverglasung in den mittelalterlichen Chorfenstern. Andere wichtige Baustellen sind die Restaurierung des Michaelsportals, die Teilrekonstruktion der von Michael Welter und Wilhelm Hofmann entworfenen Obergadenfenster des 19. Jahrhunderts im Querhaus sowie die Restaurierung der Südquerhausfassade. Zur Zeit laufen die Vorbereitungen und Planungen für die Restaurierung des mittelalterlichen Trachytmauerwerkes am Domchor.

Strebewerk

Eine der wichtigsten Aufgaben der Dombauhütte, die den Dom noch etliche Jahrzehnte begleiten wird, ist die systematische Restaurierung aller Strebewerke im Langhaus- und Querhausbereich. Die Restaurierung ist notwendig, da der Sandstein in diesen Bereichen teilweise drastische Verwitterungsspuren zeigt. Gerade an statisch sensiblen Bereichen des Domes wie dem Strebewerk ist daher dringender Handlungsbedarf. Ferner finden sich in den genannten Bereichen noch immer zahlreiche Kriegsschäden, die bei der Maßnahme ebenfalls behoben werden. Teilweise sind ganze Fialaufbauten auf den Strebepfeilern abgesprengt, um manche Fialen haben sich Bleiplatten gewickelt, die durch die Sprengkraft der Fliegerbomben vom Domdach geschleudert wurden.

In den 1860er-Jahren waren Lang- und Querhaus vor allem mit Sandstein aus Schlaitdorf bei Esslingen am Neckar vollendet worden.

Dieser setzt sich aus relativ groben Quarzsandkörnern zusammen, die selbst nahezu verwitterungsresistent sind. Problematisch ist hingegen das karbonatische Bindemittel des Steines, das durch die Schwefelsäure in Luft und Regen in Gips umgewandelt wird. Dieser ist wasserlöslich, was zu Absandungen und Schalenbildungen am Stein führt. Als Ersatzmaterial für den Schlaitdorfer Sandstein wird heute Sandstein aus Božanov in Tschechien verwendet.

Anders als bei der Wiederherstellung zahlreicher Strebesysteme am Nordquerhaus in den ersten Nachkriegsjahrzehnten ist die Dombauhütte heute darum bemüht, möglichst viel Originalsubstanz zu erhalten sowie durch die Verwendung eines ähnlichen Steines und das Kopieren der ursprünglichen Bauornamentik das Erscheinungsbild des Domes zu bewahren. Bis in die 1990er Jahre waren ganze Bereiche aus Londorfer Basaltlava erneuert worden. Von dem harten Gestein erhoffte man sich eine besonders lange Haltbarkeit. In der Ornamentik hatte man sich in den 1940er bis 1970er Jahren bewusst für eine betont moderne Formensprache entschieden.

Nachdem die Restaurierungsarbeiten an den der Südquerhausfassade benachbarten Strebewerken G 8−G 9 und H 8−H 9 abgeschlossen und in diesem Bereich nach etwa 30 Jahren Standzeit die Gerüste abgebaut worden waren, wurde im Sommer 2015 mit dem Aufbau eines Grundgerüstes zur Restaurierung der Strebewerke im Winkel zwischen Langhaussüdseite und Südquerhauswestseite begonnen. Hierzu musste zunächst unter Einsatz eines bis zu 76,5 Meter hohen Mobilkranes der Firma Wasel auf dem Roncalliplatz ein Grundgerüst aus etwa 51 Doppel-T-Trägern errichtet werden, die eine Länge von bis zu 7,5 Meter und ein Gewicht von bis zu 875 Kilogramm haben. Zur Zeit konzentrieren sich die Arbeiten auf das in der Flucht der Seitenschiffwand gelegene Strebesystem A 8−A 9.

Nordturm

Das wohl prominenteste Gerüst des Domes hing bis 2021 an der Nordwestecke des Nordturmes. Die oberste Plattform des Aluminiumgerüstes befand sich in einer Höhe von über 100 Metern. Es war etwa 30 Meter hoch und mit Stahlketten an zwei miteinander verbundenen Gerüstlagen verankert, die das Gewicht gleichmäßig auf die Fläche des dazwischenliegenden Maßwerkhelms verteilten. Bei dem Standort handelte sich um den dritten von insgesamt vier Bereichen des Nordturmes, die mit Hilfe von Hängegerüsten restauriert werden. Mit dem Bau des ersten Hängegerüstes an der Südwestecke war 1996 begonnen worden. Das nach Abschluss der Arbeiten in diesem Bereich 2021 mit Hilfe eines gewaltigen Schwerlastkrans der Firma Wasel abgebaute Gerüst war 2011 aufgebaut worden. In den kommenden Jahren wird die Nordostecke des Turmes eingerüstet. Nach Abschluss der Arbeiten am Nordturm folgt die Restaurierung des Südturmes.

Jeweils vier 30 Meter hohe, freistehende Fialaufbauten umgeben die beiden Domtürme und leiten vom quadratischen Grundriss der unteren Turmgeschosse zum achteckigen Grundriss der beiden oberen Geschosse und der Turmhelme über. Noch im Mauerverband stehend, bilden sie sich bereits im 3. Geschoss der Türme zwischen ca. 45 und 75 Metern Höhe aus, um dann das 4. Geschoss der Türme in einer Höhe zwischen ca. 75 und 105 Metern frei zu umstehen. Auf mehreren Ebenen werden sie von Begleitfialen, Wimpergkränzen und Figurenbaldachinen mit Engelfiguren umgeben. Bereits im Mittelalter auf dem berühmten Plan der Westfassade, dem sog. Riss F entwickelt, wurden sie in der Mitte der 1870er-Jahre im Rahmen der Turmvollendung unter Dombaumeister Richard Voigtel getreu des mittelalterlichen Planes ausgeführt.

Auslöser für den Beginn der Restaurierungsarbeiten an den gewaltigen Fialaufbauten waren zwei Steinschläge, die sich während des Orkans »Yra« am 24. November 1984 ereigneten. Damals war ein 3,25 Meter hohes Element einer Südturm-Fiale aus etwa 100 Metern Höhe abgestürzt und hatte schwere Schäden an den Seitenschiffdächern verursacht. Auch die oberste Spitze des nordwestlichen Fialaufbaus des Nordturmes stürzte während des Sturmes inklusive der bekrönenden Kreuzblume aus etwa 105 Metern Höhe ab und verursachte schwere Schäden an den tiefer liegenden Aufbauten des Fialturmes. Anschließende Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass die Schadensursache in der Verwendung von Eisenarmierungen während des Vollendungsbaues der Türme in den 1870er Jahren lag. Die Oxidation des Eisens führt oft zu Rostsprengungen, die den ansonsten hervorragend erhaltenen Obernkirchener Sandstein zerstören. Die fraglichen Armierungen finden sich an den gewaltigen Fialaufbauten beider Türme ausschließlich in einem Bereich zwischen 80 und 100 Metern Höhe. Teilweise wurden hier bereits tonnenschwere Fialaufbauten durch den Rost um mehre Millimeter angehoben. Die Versetzsteinmetzen der Dombauhütte müssen daher alle Anker und Dübel aus Eisen ausbauen und durch neue, nicht rostende Elemente aus Edelstahl ersetzen. In den tieferliegenden Turmabschnitten waren im 19. Jahrhundert Kupferdübel und -verankerungen verwendet worden, die sich bis heute bestens erhalten haben.

Daneben bedürfen auch die 32 monumentalen Engelfiguren, welche die beiden Domtürme auf einer Höhe von etwa 75 Metern umstehen, einer Restaurierung. In den 1870er Jahren aus Kalkstein aus Savonnières gefertigt, zeigen sie inzwischen bedenkliche Verwitterungsspuren, so dass kleinere Fragmente der vorstehenden Figurenteile wie Flügel, Hände und Attribute bereits abgebrochen sind. Die Figuren müssen daher eingehend untersucht, gefestigt und gegen weitere Verwitterung geschützt werden. In einzelnen Fällen werden sie durch Kopien ersetzt. Im Rahmen der Arbeiten werden auch die ausgewaschenen Fugen im Mauerwerk geschlossen sowie die Sturm- und Kriegsschäden beseitigt.

Die Erneuerung zerstörter Bauelemente und Skulpturen wird über ein Patenschaftsprogramm des Zentral-Dombau-Vereins finanziert.

Aufsehen erregend war die Abnahme der drei ersten Hängegerüste im August 2006, im Juli 2013 und im Oktober 2021. Sie erfolgte mit Hilfe gewaltiger Hydraulikkräne der Firma Wasel GmbH. 2013 handelte es sich um den größten Kraneinsatz in der Geschichte des Dombaus. Da die Domplatte mit schweren Baufahrzeugen nicht zu befahren war, musste der Kran am Bahnhofsvorplatz aufgebaut werden. Das Gerüst war zunächst durch die Gerüstbauer der Dombauhütte bis auf die obere Plattform und die beiden seitlichen Gerüstpfeiler zurückgebaut worden. Die drei Elemente wurden von dem Kran in jeweils einem Stück abgenommen, auf den Roncalliplatz transportiert und dort von den Mitarbeitern der Dombauhütte in ihre Einzelteile zerlegt.

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Südquerhausfassade

2015 wurde der westliche Pfeiler der Südquerhausfassade bis auf eine Höhe von 20 Metern eingerüstet, um dort die seit längerem in den Werkstätten der Dombauhütte von den Steinmetzen vorbereitete Restaurierung der Fassade zu beginnen. Nach Abschluss der Restaurierung konnten die Arbeiten 2018 am östlichen Pfeiler der Fassade fortgesetzt werden. Die beiden mittleren Pfeiler zwischen den Portalen folgen in den kommenden Jahren.

Die Südquerhausfassade entstand zwischen 1842 und 1855 als einer der ersten Bauteile der Domvollendung im 19. Jahrhundert. Hier fand am 4. September 1842 die offizielle Grundsteinlegung durch den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. statt. Das Erdgeschoss der Südquerhausfassade war baulich bereits 1847 vollendet, die Portalwimperge und wohl auch die zwischen ihnen stehenden Fialaufbauten entstanden nach dem Dombaufest vom 18. August 1848. Da es für die Südquerhausfassade keine mittelalterlichen Pläne gab und vor dem 19. Jahrhundert lediglich die östlichen Fundamentecke gelegt worden war, kann die Fassade als eine der eigenständigsten Leistungen der Neugotik am Kölner Dom betrachtet werden. Die Pläne wurden von Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner in enger Abstimmung mit dem preußischen Baumeister Karl Friedrich Schinkel und König Friedrich Wilhelm IV. entwickelt. Er griff dabei Architekturformen der um 1280 geplanten Westfassade auf.

Insbesondere der in etwa 9 Metern Höhe befindliche, im 19. Jahrhundert aus Kalkstein gefertigte Blattfries seitlich der Portale ist nahezu bis zur Unkenntlichkeit verwittert und muss vollständig erneuert werden. Aber auch die darüberstehenden Fialaufbauten und kleinen Wimperge (Giebel) sind durch Verwitterung und Kriegseinwirkung beschädigt. Sie werden restauriert und ergänzt, wenn nötig auch erneuert – so etwa die beiden Fialaufbauten am westlichen Pfeiler. Die gesamten Natursteinoberflächen werden im Rahmen der Restaurierung behutsam gereinigt, Fugen geschlossen und kleinere Fehlstellen im Stein mit Steinergänzungsmörtel geschlossen. Im Rahmen der Restaurierung wurden zudem die beiden im Zweiten Weltkrieg zerstörten Wasserspeier des westlichen Pfeilers sowie die zwei vollständig verwitterten großen Engelfiguren seitlich des mittleren Portalwimpergs von den Bildhauern der Dombauhütte erneuert. Letztere sind zurzeit im Schaudepot der Dombauhütte seitlich des Baptisteriums ausgestellt und warten dort auf ihren Wiedereinbau. Durch das Schaufenster können sie Tag und Nacht aus nächster Nähe besichtigt werden.

Aufsehen in der Öffentlichkeit erregten zwei Kapitelle an den 2015 versetzten Fialaufbauten am westlichen Pfeiler. Sie zeigen Portraits des langjährigen Kölner Dompropstes Dr. Norbert Feldhoff und der ehemaligen Dombaumeisterin Prof. Barbara Schock-Werner. Während der Propst nach Südwesten blickt, schaut die Dombaumeisterin nach Südosten, ungefähr in Richtung des Kurienhauses, in dem sich einst ihr Arbeitsplatz und ihre Dienstwohnung befand.

Michaelsportal

Ein Projekt, bei dem viele Gewerke der Dombauhütte eng verzahnt zusammenarbeiten, ist die 2013 begonnene Restaurierung des Michaelsportals, des zentralen Eingangs der Nordquerhausfassade. Im Zweiten Weltkrieg erlitt es durch Bomben-, Granatsplitter und auffliegendes Material sowie am Ende des Krieges durch unmittelbaren Beschuss schwere Schäden. Während die Architektur der Querhausfassade inklusive der Portalwimperge (Giebel) in den 1960er- und 1970er-Jahren umfassend und in modernisierter Form wiederhergestellt wurde, zeigen die Portale und ihr Skulpturenschmuck noch immer starke Zerstörungen. Lediglich die im Krieg abgesprengten Köpfe und Attribute der großen Gewändefiguren wurden zwischen 1965 und 1972 durch den Bildhauer Erlefried Hoppe (1910–1992) in einer betont modernen Formensprache ergänzt. In den Archivolten (Bogenlaibungen) und Relieffeldern der Tympana (Bogenfelder) klafften hingegen noch immer Einschusslöcher und kraterförmige Aussprengungen. Zahlreiche Figuren, Reliefs und Baldachine waren verstümmelt oder gänzlich zerstört. Diese Fehlstellen in der ursprünglichen Form wiederherzustellen und dabei die erhaltende Originalsubstanz umfassend zu bewahren, ist neben einer schonenden Reinigung der Steinoberflächen die Aufgabe der laufenden Restaurierung. Bewusst sollen die Ergänzungen der Nachkriegszeit erhalten und auch Spuren des Krieges sichtbar gelassen werden, um die wechselvolle Geschichte des Portals zu dokumentieren. Inzwischen ist die Restaurierung, die in dieser Form einzigartig ist, weit vorangeschritten.

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Skulpturenschmuck des Michaelsportals

Die Skulpturen des Michaelsportals stammen von Peter Fuchs (1829–1898), dessen Werkstatt bis 1884 mehr als 700 Skulpturen für den Kölner Dom schuf. Zumeist bestehen sie aus französischem Kalkstein, der in der Nähe von Caen (Normandie) gebrochen wurde. Das Hauptthema des Skulpturenschmucks der Nordquerhausfassade ist die »Verwirklichung des Erlösungswerkes in der Menschheit durch Christus und seine Stiftung in der Kirche«. Als zentrale Figur im Wimperg über dem Michaelsportal erscheint daher der auferstandene Christus mit der Siegesfahne. Zu seinen Seiten stehen die vier lateinischen Kirchenväter Ambrosius, Gregor der Große, Augustinus und Hieronymus. Das Tympanon zeigt Szenen aus dem Leben Jesu nach seiner Auferstehung und Szenen aus der Apostelgeschichte. In der Bogenspitze beginnend sind dargestellt: die Übergabe des Hirtenamtes an Petrus, die Aussendung der Apostel, die Himmelfahrt Christi, die Aussendung des Heiligen Geistes, die Bekehrung des Paulus, der Apostelabschied und das Konzil von Jerusalem. Sowohl die im oberen Register des Tympanons dargestellte Szene der Übergabe des Hirtenamtes an Petrus als auch die Szene des Apostelkonzils, in der Petrus vor der Kathedra stehend die Diskussion entscheidet, dürften vor dem Hintergrund des Ersten Vatikanischen Konzils 1870 zu deuten sein. Dieses legte die Unfehlbarkeit von ex cathedra verkündeten Entscheidungen des Papstes in Glaubens- und Sittenfragen fest. In Zeiten des Kulturkampfes konnte das Portal somit als eine deutliche Stellungnahme für die katholische Kirche verstanden werden.

Im Sommer 2023 konnte die aufwändige Restaurierung des Tympanons und der Archivolten abgeschlossen werden. Zunächst waren die Skulpturen und die Portalarchitektur behutsam gereinigt worden. Nach einer Vorreinigung, bei der zunächst Taubenkot und grober Schmutz entfernt wurden, erfolgte die oberflächenschonende Reinigung der aus Kalkstein gefertigten Skulpturen und Reliefs mit Hilfe von Reinigungslasern. Die schwarzen Schmutzkrusten auf dem Stein absorbieren dabei die hohe Energie der gebündelten Lichtstrahlen und erhitzen sich kurzfristig so massiv, dass sie in Kleinstpartikeln abplatzen und verdampfen. Da das Licht des verwendeten Laserreinigers nur von dunklen Oberflächen absorbiert wird, bleibt es auf der hellen Steinoberfläche wirkungslos. Damit ist gewährleistet, dass nur die dünne Schmutzschicht verdampft, die darunterliegende helle Kalksteinoberfläche aber nicht geschädigt wird. Während die gut erhaltenen oder nur leicht beschädigten Skulpturen sowie die Reliefs und Konsolbaldachine vor Ort gereinigt wurden, erfolgte die Reinigung besonders schwer beschädigter Figuren in der Steinrestaurierungswerkstatt der Dombauhütte.

Anschließend erfolgte die Ergänzung kriegszerstörter Bogenstücke, Konsolbaldachine und Skulpturen. Die fehlenden Architekturelemente wurden von den Steinmetzen der Dombauhütte rekonstruiert und passgenau an die erhaltenen Bereiche angesetzt. Um auch die Spuren des Krieges am Portal ablesbar zu lassen, wurden an der Portalarchitektur nur größere Schäden, die den Gesamteindruck des Portals stören, behoben. Kleinere Absprengungen sollten bewusst sichtbar bleiben. Von den Architekturbereichen, die ergänzt wurden, verdienen die zerstörten oder teilzerstörten Baldachine in den Archivolten und im Tympanon besondere Erwähnung. Aufgrund ihrer kleinteiligen, detailreichen und vielfach durchbrochenen Gestaltung zählen sie zu den aufwendigsten Steinmetzarbeiten einer gotischen Kathedrale. Ihre Herstellung kann etliche Monate, bei aufwendigen Stücken auch über ein Jahr Arbeit erfordern. Die passgenaue Ergänzung von teilzerstörten Baldachinen war dabei zumeist wesentlich komplizierter als es ein vollständiger Austausch gewesen wäre, da hier zudem der Anschluss an die geglätteten Bruchkanten des Originals auf den Millimeter exakt erfolgen musste. Der Aufwand hat sich aber gelohnt, da auf diese Weise keine Originaloberflächen zerstört werden mussten.

Teilergänztes Tympanonfeld

Gleichzeitig erstellten die Bildhauer der Dombauhütte Kopien der weitgehend oder gänzlich zerstörten Skulpturen. Hierzu wurden die zerstörten Partien im Maßstab 1:1 auf die Torsi der zerstörten Skulpturen aufmodelliert oder, bei gänzlich zerstörten Skulpturen, neue 1:1 Modelle gefertigt. Als Vorbilder für die neuen Skulpturen und die Ergänzungen dienten den Bildhauern die zumeist gut erhaltenen Original-Gipsmodelle von Peter Fuchs im Maßstab 1:2 aus den Jahren 1879/80. Anschließend wurden die neuen Figuren in Stein ausgeführt. Zur maßgenauen Übertragung des neu erstellten 1:1 Modells bedienten sich die Bildhauer, wie bereits ihre Vorgänger im 19. Jahrhundert, einer Punktiermaschine. Mit ihrer Hilfe lässt sich jeder Punkt der Oberfläche vom Modell auf den Stein übertragen. Nach dem gleichen Verfahren erstellten die Dombildhauer auch Steinvierungen für weniger stark beschädigte Skulpturen und die Tympanonreliefs, wie etwa Köpfe, Arme und Attribute der Heiligen. Auch hier wurden zunächst die zu erneuernden Bereiche mit Modelliermasse auf den beschädigten Skulpturen aufmodelliert, in Stein übertragen und auf das Original aufgesetzt. Geschädigte Bereiche des Tympanons wurden hierzu zunächst in Gips abgeformt. Auf der Abformung konnten dann die fehlenden Elemente modelliert werden. Dies hat den Vorteil, dass die Skulpturen nicht vollständig kopiert werden müssen, sondern die erhaltenen Reste des Originals am Portal verbleiben können. Kleinere Fehlstellen wurden mit Steinergänzungsmörtel geschlossen.

Die Wiederherstellung aller kriegszerstörten Bereiche wird mit Mitteln aus dem Nachlass von Berta Woodward aus England finanziert, welche die Hohe Domkirche im Jahr 2012 über die Deutsche Stiftung Denkmalschutz erhalten hat. Die Restaurierung der Skulpturen und Reliefs wird durch ein Patenprogramm des Zentral-Dombau-Vereins finanziert.

Rechtzeitig zur Restaurierung erhielt die Dombauhütte einen Kopf eines römischen Soldaten aus dem Tympanon des Portals zurück. Ein junger Soldat der US-Armee hatte 1945 das abgesprengte Fragment, das den Sturz aus etwa sieben Metern Höhe erstaunlich unversehrt überstanden hatte, mitgenommen. Sein Sohn, der anonym bleiben möchte, fand es nach dem Tod der Eltern in einem Schrank in deren Wohnhaus bei Washington D. C. Glücklicherweise erinnerte er sich, dass sein Vater, der bereits seit längerem verstorben ist, ihm das Fragment als Kind gezeigt und erwähnt hatte, dass er bei der Einnahme der Stadt Köln beteiligt gewesen sei und in diesem Zusammenhang auch am Dom war. Der Kopf wird wieder an seiner ursprünglichen Stelle angebracht.

Im Herbst 2023 konnte das Michaelsportal vorübergehend ausgerüstet werden, so dass erstmals ein Gesamteindruck der restaurierten und teilergänzten Tympanon- und Archivoltenzone gewonnen werden konnte. Deutlich heben sich die erneuerten hellen Bereiche, von den durch natürliche Patina ockerfarben gewordenen Originalpartien ab. In den folgenden Jahren erfolgt die Restaurierung des Wimpergs über dem Portal und der Gewändezone.

Chorkapellenkranz

Eine Restaurierungskampagne, welche die Dombauhütte für viele Jahre beschäftigen wird, ist die Konservierung des mittelalterlichen Trachytmauerwerks im Außenbereich des Chorkapellenkranzes.

Hierzu wurde 2018 zunächst auf der Nordseite des Chores eine Baustelle eingerichtet und im Frühjahr 2019 mit der Bestands- und Zustandskartierung begonnen. Bei der Restaurierung dieses Bereiches ist eine besondere Aufmerksamkeit gefragt, da es sich beim Chorkappellenkranz um den ältesten, zwischen 1248 und etwa 1265 errichteten Bauteil des Domes handelt. Der Stein, Drachenfels Trachyt, stammt aus dem Siebengebirge südöstlich von Bonn. Über 90 Prozent des originalen Mauerwerks sind hier bis heute erhalten. Einige Bereiche zeigen sogar noch die ursprünglichen Oberflächen mit Werkzeugspuren, Balken- und Zangenlöchern. Nach einer Abnahme des biologischen Bewuchses mit Ethanol-Wasser-Gemisch und Heißdampf werden die Krusten durch Partikelfeinstrahlverfahren reduziert. Zur Zeit wird das weitere Restaurierungskonzept entwickelt. Die Dombauhütte steht dabei in engem Austausch mit der Dombauhütte in Xanten und den zuständigen Architekten des Utrechter Domes, deren Bauten ebenfalls einen großen Bestand an mittelalterlichen Trachytmauerwerk aufweisen, sowie mit der Technischen Hochschule Köln, der Universität für angewandte Kunst Wien sowie mit dem LVR-Amt für Landesdenkmalpflege im Rheinland.