Im Kölner Domverlag e. V. ist anlässlich des 1.700-jährigen Jubiläums jüdischen Lebens in Köln ein thematischer Rundgang zum Themenkreis »Der Kölner Dom und ›die Juden‹« erschienen. Der vom Kölner Metropolitankapitel und auf Anregung der Arbeitsgruppe »Der Kölner Dom und ›die Juden‹« herausgegebene Band enthält Texte von Matthias Deml, Dombaumeister Peter Füssenich, Dr. Klaus Hardering, Dr. Joachim Oepen und Harald Schlüter. Den Texten sind Geleitworte von Dompropst Msgr. Guido Assmann sowie von Bettina Levy und Abraham Lehrer vom Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln vorangestellt. Die 40-seitige Publikation mit 40 farbigen Abbildungen ist zu einem Preis von 4,50 € im Kölner Domshop, im Buchhandel sowie im Kölner Domverlag erhältlich.
Geisselung Christi am Dreikönigenschrein, um 1220. An der Rückseite des Schreines findet sich eine äußerst polemische Wiedergabe der Geißelung Christi. Statt von den in den Evangelien genannten römischen Soldaten wird Jesus von zwei, durch den tellerförmigen Trichterhut eindeutig als Juden gekennzeichneten Schergen mit Ruten geschlagen.
Geisselung Christi am Dreikönigenschrein, Detail. Die Schergen sind mit grimassierenden, verzerrten Gesichtsausdrücken dargestellt, die Stereotypen bedienen, wie sie sich in der Zeit um 1300 ausbilden.
Älteres Bibelfenster, Abstillen Isaaks. Im Älteren Bibelfenster stehen Szenen des im Wesentlichen auf dem Tanach beruhenden Alten Testamentes, Szenen des Neuen Testamentes gegenüber. Sie werden als Urbild christlicher Heilsereignisse gedeutet. Ein Teil der Protagonisten trägt Judenhüte, die sie, mittelalterlichen Kleiderordnungen folgend, als Angehörige des Volkes Israel ausweisen.
Judenprivileg des Erzbischofs Engelbert von Falkenburg (1261-1274), 1266. Das Judenprivileg des Erzbischofs wurde 1266 als steinerne Inschriftentafel im Dom öffentlich aufgestellt. Unter anderem wird der jüdischen Gemeinde das Begräbnisrecht auf ihrem Friedhof zugesichert. Der Judenschutz wurde vom Erzbischof allerdings nicht aus Toleranz, sondern letztlich aus politischen und wirtschaftlichen Erwägungen gewährt.
Antijüdische Reliefs im Chorgestühl, um 1310. Im Chorgestühl finden sich zwei besonders böswillige, antijüdische Reliefs. Eines zeigt ein Schwein. Es wird von einem durch eine spitze Mütze als Jude gekennzeichneter Mann hochgehalten, während ein zweiter an dessen Zitzen saugt. Dass im Judentum das Schwein als unreines Tier gilt, steigert die Niederträchtigkeit des Bildes. Ebenso feindselig ist die Szene, die einen angeblichen Ritualmord darstellt und konkret auf Werner von Bacharach Bezug nehmen dürfte. Die heimtückische Unterstellung eines Ritualmordes an Werner 1287 führte zu blutigen Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung.
Kölner Dom, Kinderfenster, Auszahlung der 30 Silberlinge an Judas. Auch das 1965 fertiggestellte Kinderfenster bedient antijüdische und antisemitische Ressentiments und Klischees. Jüdische Widersacher Jesu werden mit phyisognomischen Merkmalen charakterisiert, wie sie sich wenige Jahre zuvor in Hetzschriften der NS-Propaganda fanden.
Sowohl das Judentum als auch das Christentum können auf eine mindestens 1.700-jährige Geschichte in der Stadt Köln zurückblicken. Wie kein anderes Bauwerk spiegelt die Ausstattung des Domes das ambivalente Verhältnis der christlichen Mehrheitsbevölkerung zur jüdischen Gemeinde im hohen und späten Mittelalter. Es entwickelte sich von Duldung und einem mehr oder weniger friedlichen Nebeneinander hin zu einer zunehmenden Ausgrenzung und offenen Feindseligkeit und gipfelte schließlich im blutigen Pogrom von 1349 und in der Vertreibung der Juden aus der Stadt 1424. Neben Kunstwerken des Domes, die sich die jüdische Überlieferung aneignen und christlich deuten, damit aber auch auf die jüdischen Wurzeln des Christentums verweisen, steht das durchaus nicht selbstlos erteilte Judenprivileg des Erzbischofs Engelbert II. von Falkenburg. Daneben finden sich im Dom zahlreiche offen feindselige, diffamierende und polemische Darstellungen. Sie zeugen von einem ausgeprägten christlichen Antijudaismus, der in zahlreichen Pogromen mündete und eine wesentliche Quelle für den späteren Antisemitismus bildet. Auch aus dem 19. und 20. Jahrhundert finden sich im Dom neben Stiftungen, die vom regen Anteil jüdischer Bürger an der Domvollendung erzählen, noch Bildwerke, die abwertende judenfeindliche Stereotype und Klischees wiederholen.
Die katholische Kirche fühlt sich einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem Erbe verpflichtet. Der vorliegende thematische Rundgang will die Forschungen der vergangenen Jahre einem breiten Publikum erschließen und es für die Thematik sensibilisieren.
Das Buchprojekt wurde finanziell durch das Metropolitankapitel der Hohen Domkirche und das Erzbistum Köln unterstützt.
Mit der vorliegenden Publikation tritt der 1975 durch den damaligen Dombaumeister Arnold Wolff unter dem Namen Verlag Kölner Dom e. V. gegründete Verlag erstmals unter seinem neuen Namen Kölner Domverlag e. V. und mit neuen Logo auf. Die Namensänderung und das neue Logo sind Ergebnis des Markenprozesses am Dom. Damit soll die enge Verbundenheit des Verlages zur Hohen Domkirche noch besser als bisher zum Ausdruck gebracht werden.